Text: Green Economy

3. Ursprünge und Kontext

7.3. Ursprünge und Kontext

Der Begriff der Green Economy tauchte erstmals 1989 in einem Bericht auf, den die britische Regierung in Auftrag gegeben hatte, und wurde in den folgenden Jahren als Basis für ein neues Denken der Wirtschaftsförderung und -entwicklung immer wieder aufgegriffen. Der Bericht »Blueprint for a Green Economy« der Ökonomen David Pearce, Anil Markandya und Edward Barbier (1989a; 1989b) stellte in erster Linie Kostenanalysen für natürliche Ressourcen und Umwelteinwirkungen dar und zeigte damit wichtigen Handlungsbedarf in drei Bereichen auf:

  1. das Bewerten und damit Sichtbarmachen von ökologischen Aspekten,
  2. das Berechnen ihres ökonomischen Werts sowie
  3. die Schaffung von Anreizen für ökologische Verbesserungen.

Diese könnten und sollten, so der Bericht, vor allem durch staatliche Besteuerungsmaßnahmen umgesetzt werden. Umweltschädigende Wirtschaftsprozesse sollen verteuert und somit unattraktiv, umweltförderndes Handeln attraktiver und wettbewerbsfähiger gemacht werden. Siebzehn Jahre nach der Veröffentlichung des Berichtes erschien 2006 eine weitere Auftragsarbeit der britischen Regierung, die sehr viel Aufmerksamkeit erhielt. Unter der Leitung des ehemaligen Chefökonomen der Weltbank Nicholas Stern erschien »The Economics of Climate Change: The Stern Report«, kurz Stern-Bericht (Stern, 2007).

Der Stern-Bericht untersuchte die wirtschaftlichen Folgen der globalen Erderwärmung und sprach sich für schnelles und global abgestimmtes politisches Handeln aus. Der Bericht kam zu dem Schluss, dass die Mehrwerte durch schnelle und weitreichende Bekämpfung des Klimawandels die wirtschaftlichen Kosten von Inaktivität in dieser Hinsicht bei weitem übersteigen. Beide Berichte stellen ein wegweisendes Umdenken hinsichtlich wirtschaftlicher Entwicklung dar. Sie zeigen nicht nur die ökologische Notwendigkeit, sondern auch die Unwirtschaftlichkeit des gegenwärtigen Wirtschaftssystems auf und veranschaulichen dies durch in den Wirtschaftswissenschaften etablierte Kostenberechnungen (s. hierzu u.a. Liefner & Losacker, 2023). Die Verbreitung der Idee einer Green Economy und Aufnahme in nationale und internationale Entwicklungsstrategien erfolgte mit einiger Verzögerung in den 2000er Jahren im Kontext der Finanz- und Klimakrise und stellt bis heute eines der zentralen Konzepte bzw. Leitbilder der Umweltpolitik auf verschiedenen räumlichen Ebenen dar.

Globale Finanzkrise

Ausschlaggebend für die schnelle und weite Verbreitung der Idee einer Green Economy und die Aufnahme des Konzepts als politisches Leitbild waren nicht nur zunehmende Erkenntnisse zum fortschreitenden Klimawandel, sondern vor allem auch das Ereignis der globalen Finanzkrise, die die Schwächen des Wirtschaftssystems zusätzlich zu den ökologischen Grenzen sichtbar machte (Mann, 2013). Der Beginn der globalen Finanzkrise von 2008 wird mit dem Platzen der Immobilienblase in den USA im Sommer 2007 in Verbindung gebracht (eine wirtschaftsgeographische Perspektive bietet Schamp, 2011). Immobilienpreise waren dort durch einen steigenden und zunehmend ungesicherten, kreditfinanzierten Immobilienkauf in die Höhe getrieben worden. Dies hatte auch kreditschwachen Haushalten ermöglicht, durch niedrige Zinssätze und daran gekoppelt riskante Finanzprodukte Wohneigentum zu erstehen. Ein Anstieg der Kreditzinsen führte schnell zu weitreichender Zahlungsunfähigkeit von privaten Haushalten und verschiedenen Finanzdienstleistern. Die Zahl an Haushaltverschuldungen, Arbeitslosigkeit und Unternehmensbankrott stieg rasant an und erreichte 2008 ihren Höhepunkt. Schätzungen zufolge kam es im Zeitraum von 2007 bis 2010 zu 3,8 Millionen Zwangsvollstreckungen von Wohneigentum allein in den USA, die durch die Finanzkrise bedingt waren. Aufgrund der globalen Verflechtungen im Finanzsektor waren viele Länder von einer Rezession betroffen. Steigende Lebensmittel- und Benzinkosten führten dazu, dass sich die Krise auch in Ländern des Globalen Südens ausbreitete.

Die Weltfinanzkrise warf somit fundamentale Fragen zur Funktionsfähigkeit und Stabilität des bestehenden Wirtschaftssystems auf, und zwar nicht nur aus ökonomischer Sicht. Neben der Klimakrise, wie sie in den Berichten von Pearce et al. (1989a) und Stern (2007b) dargelegt wurde, machten zunehmende Arbeitslosigkeit, Haushaltsverschuldung und Verarmung die ungleiche Verteilung von Reichtum und Armut und damit sozialer Gerechtigkeit bzw. sozialer Nachhaltigkeit sichtbar. Benötigt wurden also Lösungsansätze, welche die Dimensionen Wirtschaft, Umwelt und Soziales umfassen: eine Win-win-win-Lösung (Triple Win). In diesem Kontext einer wahrgenommenen dreifachen Krise des bestehenden Wirtschaftssystems wurde das Konzept der Green Economy aufgegriffen und in vielfältigen Strategien der Krisenbewältigung, Konzeptpapieren und rechtlichen Rahmen auf verschiedenen räumlichen Ebenen aufgegriffen (s. Kapitel 7.5).

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