1. Einführung

5.2. Einführung

Das angeführte Beispiel stellt Fragen hinsichtlich einer gerechten Verteilung von Kosten und Mehrwerten von Umweltveränderungen und Entwicklungsprozessen in den Mittelpunkt. Dieser Blickwinkel ist stark mit der Idee der sozialen Nachhaltigkeit verwoben (s. Kapitel 2), welche nicht nur die Verteilung, sondern auch Entscheidungsprozesse umfasst. Viele Ansätze nachhaltigen Wirtschaftens (siehe z.B. Kapitel 3 und 7) sind dafür kritisiert worden, dass sie soziale Aspekte vernachlässigen. Das Konzept der Umweltgerechtigkeit bietet einen Zugang, der diese Aspekte in den Fokus rückt. Es stellt sowohl politische Handlungsmaximen als auch einen Analyserahmen zur Untersuchung von Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten. Die meisten Definitionen von Umweltgerechtigkeit beziehen sich auf den Schutz vor negativen Umwelteinflüssen und die gerechte Verteilung des Nutzens der Umwelt für den Menschen (Walker, 2012). Wenn nicht-menschliche Organismen miteinbezogen werden, spricht man in der Regel von ökologischer Gerechtigkeit (Baxter, 2004).

Umweltgerechtigkeit

Die Perspektive der Umweltgerechtigkeit (Environmental Justice) entstand im US-amerikanischen Kontext der späten 1970er und frühen 1980er Jahre als politische Widerstandsbewegung, die sich gegen rassistische Ungerechtigkeiten durch ungewollte und schädliche Landnutzung auflehnte (Affolderbach & Krueger, 2017). Zentral waren hierbei die auf Bevölkerungsgruppen ungleich verteilten negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Schad- und Giftstoffen, die vor allem durch Mülldeponien und industrielle Produktionsanlagen freigesetzt wurden (Bullard, 2008). Im Laufe der Zeit wurde die Idee der Umweltgerechtigkeit auf weitere marginalisierte Gruppen erweitert, auf andere Regionen übertragen und schließlich auch in der Wissenschaft als Analyserahmen eingesetzt (Walker, 2012; Schlosberg, 2013). Im europäischen Raum beschäftigt sich die Umweltgerechtigkeitsbewegung und -forschung in erster Linie mit sozioökonomisch benachteiligten Gruppen.

Beispiel

Zu betonen ist hier zum Beispiel das EnJust Netzwerk, das Umweltgerechtigkeitsperspektiven in der Geographie mehr Sichtbarkeit verliehen hat.

Im Kontext der Klimakrise beschäftigt sich Umweltgerechtigkeit zunehmend mit Fragen der ungleichen Verteilung positiver und negativer Auswirkungen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung sowie damit verbundener Entscheidungsprozesse. So ist es für einkommensschwache Personen schwieriger, steigende Heiz- oder Benzinkosten aufzufangen, da ein schon höherer Anteil des Einkommens in Mietkosten fließt und das verfügbare Einkommen geringer ist (hierzu z.B. Bouzarovski & Simcock, 2017). In Deutschland sehen Experten eine Mietbelastung von 30 % des Haushaltseinkommens, insbesondere bei einkommensschwachen Haushalten als problematisch an. Die Umweltgerechtigkeit ist entsprechend politisch und wird je nach Kontext unterschiedlich ausgelegt.

Video: Warum ist das Konzept der Umweltgerechtigkeit wichtig?



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