7. »Raus ins Feld« mit Agnes Feil, Masterstudentin der Geographie

5.8. »Raus ins Feld« mit Agnes Feil, Masterstudentin der Geographie

Agnes Feil studiert Humangeographie an der Universität Trier und verwendete in ihrer Abschlussarbeit im Bachelorstudiengang Angewandte Geographie Umweltgerechtigkeit als Analyserahmen. Wir haben Agnes gefragt, warum sie sich für das Thema entschieden und wie sie die Perspektive der Umweltgerechtigkeit in ihrer Untersuchung umgesetzt hat.

Das Gespräch fand im Juli 2022 statt.

Abb. 5.7 Agnes Feil

Foto von Agnes Feil

Welche Thematik hast Du in Deiner Abschlussarbeit untersucht und warum?

Ich habe mich in meiner Abschlussarbeit mit Umweltgerechtigkeit bzw. Verfahrensgerechtigkeit in der Grünraumplanung beschäftigt. Als empirisches Beispiel habe ich dazu Umweltprojekte im Ruhrgebiet analysiert. Das erste Mal hatte ich mit diesem Thema im Rahmen meiner Hiwi-Stelle zu tun. Es ging dabei um die Stadt Richmond in den USA, wo eine rassistisch geprägte Zonierung und Stadtplanung der Vergangenheit eine ungleiche Verteilung von urbanem Grün hinterlassen hat. Besonders Stadtviertel mit einem hohen Anteil an ethnischen Minderheiten weisen bis heute nur wenig Begrünung auf. Die dort lebenden Menschen sind dadurch deutlich vulnerabler gegenüber sommerlichen Hitzewellen, was ihre Gesundheit und sogar Lebenserwartung reduziert. Dieser andauernde Einfluss sozio-historischer Normen und Werte auf die Stadtstruktur und die dadurch fortbestehenden ungerechten Verhältnisse, fand ich dabei sehr spannend.

Wieso hast Du Dich für eine Untersuchungsperspektive der Umweltgerechtigkeit entschieden?

Meine Interessen lagen von vorneherein im Bereich nachhaltiger und klimaangepasster Stadt- und Regionalplanung. Für die Perspektive der Umweltgerechtigkeit habe ich mich dann letztlich entschieden, da die soziale Dimension von Nachhaltigkeit in der öffentlichen Diskussion und den nachhaltigen Planungsmaßnahmen aus meiner Sicht oft zu wenig berücksichtigt wird. Die Umweltgerechtigkeit dagegen beinhaltet Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und ein Verständnis von Umwelt als Lebensraum – für Natur, aber auch für Menschen. Auch das Nachdenken über grundsätzliche Fragen, wie darüber, was eigentlich Gerechtigkeit bedeutet und wie sie wissenschaftlich beurteilt werden kann, hat mich persönlich an dieser Perspektive gereizt.

Worin siehst Du die Stärken einer solchen Perspektive? Einschränkungen?

Zu den Stärken der Perspektive zählt aus meiner Sicht besonders dessen Eignung als Werkzeug zur kritischen Analyse von räumlichen Strukturen einerseits und von Politik und Planung andererseits. Sie hilft dabei Maßnahmen, die häufig recht unhinterfragt implementiert werden, aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und mögliche negative, eventuell sogar ungerechte Folgen wahrzunehmen. Dass beispielsweise urbane Begrünung zu Gentrifizierung und Vertreibung führen kann, auch negativ bewertet werden kann oder durch zu geringe Beachtung von Bedürfnissen Menschen aktiv ausschließen kann, war mir zuvor nicht bewusst und schien auch in der Planung nur wenig präsent zu sein. Eine Einschränkung sehe ich in der teils recht normativen Ausrichtung der Perspektive. Politik und Planung unterliegen gewissen Einschränkungen, die bei der Anwendung des Konzepts in der Praxis nicht ausgeblendet werden dürfen.

Wie hast Du in Deiner Arbeit Dimensionen von Umweltgerechtigkeit methodisch erfasst?

Ich habe mich in meiner Arbeit dafür entschieden, das Themenfeld etwas einzugrenzen, indem ich mich auf die Dimension der Verfahrensgerechtigkeit beschränkt habe, entlang derer ich die Fragen meines Interviewleitfadens formuliert, die grundlegenden Kategorien der auswertenden qualitativen Inhaltsanalyse angelegt sowie die abschließende Diskussion und Bewertung strukturiert habe. Geplant waren Interviews mit Planerinnen und Planern vor Ort. Aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und auch des frühen Stadiums meines Projektes habe ich letztendlich nur ein virtuelles Gruppeninterview über Zoom durchführen können. Das Format stellte sich für diese Arbeit und Situation aber als geeignet heraus, da (1) auf diese Weise mehrere Meinungen, Positionen und Perspektiven aus unterschiedlichen Projekten mit unterschiedlichen Beteiligungsverfahren in die Untersuchung miteinfließen konnten, (2) die Ausarbeitung eines Projektes noch recht wenig Material für eine gründliche Analyse lieferte und somit ein einzelnes Interview schwierig gewesen wäre und (3) auch projektübergreifende Strukturen, Herangehensweisen und Herausforderungen in der Umwelt- und Grünraumplanung erfragt und diskutiert werden konnten.